# Bücherstilleben
[Gemäldegalerie](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=institution&instnr=12)
Inventarnummer: 1667
Beschreibung
Das Berliner „Bücherstilleben" gilt auf Grund der ungewöhnlichen Thematik und seiner beeindruckenden malerischen Qualität als eines der herausragenden Beispiele dieser damals noch jungen Gattung innerhalb der spanischen Kunstgeschichte. Auf einem hellroten Tuch sind vor schwarzem Hintergrund drei unterschiedlich große, in Pergament gebundene Bücher, ein gefaltetes Papier, eine Sanduhr sowie ein Tintenfass mit einem Federkiel arrangiert. Die wie zufällig verteilt anmutenden Gegenstände, die bis dahin höchstens als Attribute in Darstellungen von Heiligen oder in Portraits Bildwürdigkeit erlangt hatten, werden von einem kräftigen Lichtstrahl von der linken Seite beleuchtet. Deutlich zeichnen sich die harten Schlagschatten auf dem Tuch ab. Die abgegriffene Schreibfeder mit ihren zusammengedrückten Fahnen, die eingeknickten Buchecken und die abgenutzten Einbände weisen auf rege Benutzung hin. Wie die im Halbschatten hinter dem aufgeschlagenen Buch abgestellte Sanduhr, die gerade erst umgedreht wurde, zeugen sie von der Anwesenheit eines im Bild nicht sichtbaren Menschen. Obwohl die geöffneten Seiten des auf dem großen Folianten liegenden Buches sichtbar sind, können die mit brauner Tinte geschriebenen Buchstaben nicht entziffert werden. Auch der Inhalt der anderen Bücher bleibt dem Betrachter verborgen. Offensichtlich ging es dem Maler nicht darum, konkrete Werke, etwa religiösen oder literarischen Inhalts, auf wiedererkennbare Weise darzustellen. Stattdessen lag die Bildintention auf einer möglichst wirklichkeitsnahen Wiedergabe der alltäglichen Gegenstände. Obwohl die Seiten des großen Folianten mit langen groben Pinselstrichen gemalt sind, entsteht der Eindruck, jede einzelne Seite könne angefasst und umgeblättert werden. Selbst das Gewicht der Bücher und die Steifheit ihrer Einbände sind, allein durch die Betrachtung des Gemäldes, erfahrbar. Die Kunstfertigkeit des Malers scheint umso verblüffender, als es ihm gelang, diesen Effekt ausschließlich mit den Farben Weiß, Schwarz, Braun und Rot zu erzielen. Darüber hinaus verzichtete er auf in derartigen Bildern häufig zur Anwendung kommende illusionistische Tricks, durch die das Herausragen einzelner Gegenstände aus der Bildoberfläche vorgetäuscht wird. Lediglich das rote Tuch wirft an der vorderen Kante, die zugleich die Oberfläche des Bildes markiert, drei dezente Falten.
Der Maler, der die einfachen Gegenstände auf so virtuose Weise wiedergegeben hat, ist bislang nicht ermittelt. Zwar wurden immer wieder auch italienische Meister als mögliche Urheber genannt, dennoch geht die Mehrzahl der Experten von einem in Madrid tätigen Maler aus. Zum einen weist das Sujet Verbindungen zu den dort gemalten Vanitas-Bildern auf, zum anderen ist es zuerst im Besitz der Familie des in Spanien tätigen Gesandten John Hookham Frere nachweisbar. Neben Antonio de Pereda und Francisco Collantes, die beide schon zu Lebzeiten für ihre Meisterschaft auf diesem Gebiet berühmt waren (Kat.Nr. 1979), wurde u.a. auf die Nähe zu einem in Privatbesitz befindlichen Bücherstilleben hingewiesen, das auf Grund des eingefügten Monogramms »Alo GV« als Werk von Alonso Gutiérrez gilt. Selbst eine Zuschreibung an Diego Velázquez oder Alonso Cano wurde einst für möglich gehalten.
Auch die Frage, für wen und für welchen Ort das Gemälde bestimmt war, ist nicht geklärt. Die Bücher als Speicher menschlichen Wissens und die Sanduhr, die das Vergehen der Zeit anzeigt, sind Symbole, die häufig in Vanitas-Bildern dargestellt werden. Sie vergegenwärtigen die Vergänglichkeit alles Weltlichen und führen die Kurzlebigkeit und Unbeständigkeit menschlichen Tuns vor Augen. Peter Cherry vermutet deshalb, das Gemälde könne für einen privaten Sammler geschaffen worden sein, in dessem Alltag derartige Objekte eine prägende Rolle spielten. Außer Frage steht, dass das kleinformatige Bild, das auf eine nahsichtige Betrachtung ausgelegt ist, durch seine malerische Virtuosität und die zahlreichen Assoziationsmöglichkeiten sowohl Bewunderung auslösen als auch tiefgreifende Deutungen anregen sollte.| Sven Jakstat
Material/Technik
Leinwand
Maße
Bildmaß: 34,9 x 56,8 cm; Rahmenaußenmaß: 55,5 x 77,5 x 8 cm
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- Gemalt ...
+ wer: [Schule von Madrid](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=47513)
+ wann: 1630-1640
## Bezug zu Personen oder Körperschaften
- [John Hookham Frere (1769-1846)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=64029)
## Bezug zu Orten oder Plätzen
- [Madrid](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=oak&ort_id=11117)
## Links/Dokumente
- [Das Objekt bei SMB-digital](http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=868116)
## Schlagworte
- [Gemälde](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=266)
- [Leinwand](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=17255)
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Stand der Information: 2021-11-02 21:15:59
[CC BY-NC-SA @ Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)
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- http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=868116&resolution=superImageResolution#1044377